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Wie Thomas Knauff seinen Weg zum Unternehmer gefunden hat – und was angehende Unternehmenskäufer daraus für ihren Unternehmenskauf lernen können.


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Wer ist Thomas Knauff?

Thomas Knauff hat einen Werdegang, den man fast als ideale Vorbereitung für einen Unternehmenskauf bezeichnen könnte.

Nach einer kaufmännischen Ausbildung und einem BWL-Studium mit Schwerpunkt Rechnungslegung, Controlling und Wirtschaftsrecht startete er 2012 in der Wirtschaftsprüfungsbranche. Dort kam er erstmals mit dem Thema Financial Due Diligence in Berührung – der Grundstein für seine spätere Karriere.

2016 wechselte er zur Arcaris Management GmbH, einem Private-Equity-Haus aus Düsseldorf mit Fokus auf Industrieunternehmen zwischen 5 und 25 Millionen Euro Umsatz. Dort begleitete er MBI-Manager bei der Übernahme und operativen Führung von Unternehmen.

Heute ist er selbst Unternehmensnachfolger einer IT-Unternehmensgruppe – und nebenbei auch Startup-Investor.

Die drei Phasen seiner Ausbildung zum Unternehmenskäufer

Phase 1: Die Zahlenausbildung in der Wirtschaftsprüfung

In der WP-Branche lernte Thomas die Grundlagen, die heute sein Fundament bilden:

  • Integrierte Finanzmodelle aufbauen
  • Financial Due Diligence eigenständig durchführen
  • Bewertungsfragestellungen zu 80-90 Prozent selbst abbilden

Sein Tipp: Eine zahlenlastige Ausbildung ist kein Muss, aber ein enormer Vorteil. Sie schafft Vertrauen bei Verkäufern und ermöglicht es, schnell die richtigen Fragen zu stellen.

Phase 2: Die unternehmerische Ausbildung bei Private Equity

Bei Arcaris Management ging es nicht nur um Dealflow. Thomas wurde operativ in die Portfoliounternehmen eingebunden:

  • Sparringspartner für MBI-Manager in allen Bereichen
  • Unterstützung bei Vertrieb, HR, Controlling und Reporting
  • Aufbau von Spartenrechnungen und Transparenz nach dem Kauf

Ein wichtiges Learning: Die Rolle als Investor ist nicht nur Kontrolle, sondern aktive Unterstützung. MBI-Manager stehen nach einer Transaktion unter enormem Druck – wer sie entlastet, schafft die Grundlage für erfolgreiche Zusammenarbeit.

Phase 3: Der eigene Unternehmenskauf

Der Schritt zum eigenen Unternehmen kam durch eine Anfrage aus dem familiären Umfeld. Sein Vater und dessen Mitgesellschafter suchten eine Nachfolgelösung für ihre IT-Unternehmensgruppe.

Thomas analysierte die Situation, entwickelte eine Struktur mit Holdinggesellschaft und übernahm schrittweise die Führung. Heute ist er CFO der 1CTec Gruppe und verfolgte eine strategische Akquisitionsstrategie.

Vertrauen aufbauen: So gelingt der Kontakt zu Verkäufern

Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren beim Unternehmenskauf ist der Vertrauensaufbau mit dem Verkäufer. Thomas teilt seine Strategien:

Das Wording anpassen: Fachbegriffe wie “Net Debt”, “Earnout” oder “Verkäuferdarlehen” eindeutschen und verständlich erklären. Viele Verkäufer haben mit diesen Begriffen keine Berührungspunkte.

Vorgespräche mit dem M&A-Berater führen: Vor dem ersten Treffen mit dem Verkäufer klärt Thomas mit dem Berater, wie der Mandant tickt, welches Wording angemessen ist und wie der Prozess idealerweise ablaufen sollte.

Die Motivation des Verkäufers verstehen: Oft geht es nicht primär um den höchsten Kaufpreis, sondern um Themen wie Altersvorsorge oder Absicherung der Familie. Wer das versteht, kann individuelle Lösungen anbieten.

Den Steuerberater des Verkäufers überzeugen: Dieser ist oft der letzte, der Ja oder Nein sagt. Ein seriöser, kompetenter Auftritt ohne Überheblichkeit öffnet Türen.

Warum die ersten 100 Tage nie nach Plan laufen

Thomas ist direkt: “Ich kenne kein Beispiel, wo der 100-Tage-Plan funktioniert hat. Bei mir hat er auch nicht funktioniert.”

Die Gründe:

Der Verkäufer war auch mit dem Deal beschäftigt: In der Transaktionsphase konnte er sein operatives Geschäft nicht wie gewohnt führen. Das rächt sich danach – leere Sales-Pipeline, unzufriedene Kunden.

Unerwartete Herausforderungen: Es kommen Themen hoch, die niemand auf dem Schirm hatte.

Der Verkäufer ist erschöpft: Nach dem Deal fehlt ihm oft die Motivation, nochmal die Feuerwehr zu spielen.

Was stattdessen hilft:

  • Keine schnellen Change-Prozesse starten
  • Erst alle Mitarbeiter persönlich kennenlernen
  • Herausfinden, wer die echten Know-how-Träger sind
  • Dem Team Zeit geben, sich an die neue Situation zu gewöhnen

Erst wenn diese Basis steht, kann man über größere Veränderungen nachdenken – idealerweise mit externer Unterstützung.

Search Funds in Deutschland: Chance oder Herausforderung?

Thomas sieht den Trend positiv, hat aber auch kritische Beobachtungen:

Die Stärken von Search-Fund-Kandidaten:

  • Sehr gut ausgebildet, oft mit Stationen bei McKinsey, BCG oder in großen Konzernen
  • Schnelle Auffassungsgabe und analytische Stärke

Die Herausforderungen:

  • Häufig Wettbewerb mit PE-Häusern um die gleichen Targets – ohne deren Finanzkraft
  • Die Suchphase von 1-2 Jahren klingt nach viel Zeit, ist es aber nicht
  • Geringe Erfolgsquote bei Kaltakquise (ca. 0,25 Prozent)

Der wichtigste Punkt: Search-Fund-Kandidaten müssen ihre Skills anders einsetzen. In der Vertrauensphase mit Verkäufern funktioniert das Berater-Wording nicht. Erst wenn der Deal steht, können sie ihre analytischen Fähigkeiten voll ausspielen.

Außerdem unterschätzen viele die privaten Auswirkungen: Ein Umzug an den Standort des Unternehmens ist oft unvermeidlich – und das für mindestens 7-10 Jahre.

Was Thomas aus der Startup-Welt mitnimmt

Neben dem klassischen Unternehmenskauf ist Thomas auch als Startup-Investor aktiv, vor allem im Defense-Bereich.

Was ihn beeindruckt:

  • Das Mindset: “Egal welches Problem, wir ziehen das durch”
  • Die Geschwindigkeit, mit der neue Tools und Prozesse adaptiert werden
  • Die Offenheit für moderne Tech-Stacks ohne historische Altlasten

Was er daraus für sein traditionelles Geschäft lernt:

Die Startup-Mentalität lässt sich nicht 1:1 übertragen. In einem 40 Jahre alten Unternehmen braucht Veränderung Zeit und professionelles Change-Management. Aber der Blick auf neue Tools und Automatisierungsansätze ist wertvoll.

Der wichtigste Rat für angehende Unternehmenskäufer

Auf die Frage nach dem einen wichtigsten Rat antwortet Thomas nicht mit Finanzierung, Bewertung oder Due Diligence.

Sondern:

“Das Thema mit dem privaten Umfeld so abstimmen, dass alle bereit sind, das mitzutragen.”

Warum? Das erste Jahr bringt schlaflose Nächte. Urlaub wird kaum möglich sein, Wochenenden fallen oft aus. Wenn das private Umfeld das nicht mitträgt, wird es sehr schwierig.

Sein Hinweis ist deutlich: Er kennt mehr Unternehmer, die mindestens eine Familie für ihr Unternehmen “geopfert” haben, als solche, bei denen alles glatt lief.

Fazit

Thomas Knauffs Weg zeigt: Es gibt nicht den einen richtigen Pfad zum Unternehmenskauf. Aber eine Kombination aus Zahlenverständnis, operativer Erfahrung und der richtigen Einstellung zum Verkäufer macht den Unterschied.

Die wichtigsten Learnings:

  1. Eine zahlenlastige Ausbildung ist ein Vorteil, aber kein Muss
  2. Vertrauen zum Verkäufer aufbauen ist wichtiger als das perfekte Angebot
  3. Die ersten 100 Tage laufen nie nach Plan – darauf vorbereiten
  4. Das private Umfeld muss den Weg mittragen
  5. Change-Management braucht Zeit und externe Unterstützung

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FAQ

Was ist ein MBI?
Ein Management-Buy-In (MBI) bezeichnet die Übernahme eines Unternehmens durch externe Manager, die nicht aus dem Unternehmen stammen. Im Gegensatz zum Management-Buy-Out (MBO) kommt das neue Management von außen und übernimmt die Geschäftsführung nach dem Kauf.
Eine spezifische Ausbildung ist nicht zwingend erforderlich. Hilfreich sind Kenntnisse in Finanzanalyse, Bewertung und Unternehmensführung. Viele erfolgreiche Unternehmenskäufer kommen aus der Beratung, Wirtschaftsprüfung oder haben operative Führungserfahrung.
Vom ersten Kontakt bis zum Abschluss vergehen typischerweise 6 bis 18 Monate. Die Dauer hängt von der Komplexität der Transaktion, der Vorbereitung des Verkäufers und der Finanzierungsstruktur ab.
Die Financial Due Diligence ist die finanzielle Prüfung eines Unternehmens vor dem Kauf. Dabei werden Bilanz, GuV, Cashflows und die wirtschaftliche Substanz analysiert, um Risiken zu identifizieren und die Kaufpreisfindung zu unterstützen.
Die Kosten setzen sich aus dem Kaufpreis und den Transaktionsnebenkosten zusammen. Nebenkosten für Berater, Due Diligence, Rechtsanwälte und Notar liegen typischerweise bei 3-8 Prozent des Kaufpreises.
Ein Search Fund ist ein Investmentmodell, bei dem ein oder zwei Unternehmer (Searcher) Kapital von Investoren einsammeln, um ein Unternehmen zu suchen, zu kaufen und anschließend operativ zu führen. Das Modell stammt ursprünglich aus den USA.
Mögliche Wege sind: M&A-Berater und Unternehmensbörsen, Direktansprache von Inhabern, Netzwerke und Branchenkontakte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer als Vermittler. Die Erfolgsquote bei Kaltakquise ist gering – persönliche Kontakte sind oft effektiver.

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