Risiken beim Unternehmenskauf sind selten rein finanzieller Natur — sie entstehen durch oberflächliche Due Diligence, emotionale Überzahlung, unterschätzten Kapitalbedarf und Owner-Abhängigkeit. In diesem Artikel zeige ich dir anhand konkreter Beispiele, wie du 5 Fehler erkennst und vermeidest.
Beim Kauf eines Unternehmens konzentrieren sich die meisten Käufer ausschließlich auf Finanzkennzahlen und Bewertungsmethoden. Doch in der Praxis scheitern Unternehmenskäufe selten an falschen Berechnungen, sondern meist an vermeidbaren strategischen Fehlern. In diesem Artikel zeige ich dir die fünf kritischsten Risiken, die mir in über zehn Jahren M&A-Beratung immer wieder begegnen, und erkläre konkret, wie du sie umgehen kannst.
Sieh dir dazu auch mein YouTube-Video an, in dem ich diese Risiken mit konkreten Praxisbeispielen erkläre: https://youtu.be/qsB9oQqnihc
Risiko 1: Oberflächliche Due Diligence kostet dich später Millionen
Die Due Diligence ist der wichtigste Schritt im gesamten M&A-Prozess Trotzdem verlassen sich viele Käufer ausschließlich auf ihre Berater und schauen sich kritische Dokumente nie selbst an. Das ist eine der größten Risiken beim Unternehmenskauf.
Jahresabschlüsse und betriebswirtschaftliche Auswertungen geben dir zwar einen Überblick über die finanzielle Vergangenheit, aber sie erzählen dir nichts über die operative Realität des Geschäfts, das du führen wirst.
Die professionelle Herangehensweise kombiniert Expertenrat mit eigener Detailprüfung. Dein Anwalt sollte alle Verträge rechtlich bewerten, aber du musst die wichtigsten Kundenverträge trotzdem selbst lesen und verstehen. Nur so erkennst du, ob Kündigungsklauseln deine Planungen gefährden oder ob wesentliche Umsätze an befristeten Vereinbarungen hängen. Dein Steuerberater analysiert die Zahlen und prüft steuerliche Risiken, aber du solltest dir dennoch die größten Lieferantenrechnungen ansehen und verstehen, woher die Kosten wirklich kommen.
Besonders wertvoll wird die Due Diligence, wenn du operative Workflows selbst durchgehst. Logge dich in die Systeme ein, schaue dir an, wie Bestellungen abgewickelt werden, wie die Buchhaltung funktioniert und wo manuelle Prozesse notwendig sind. Diese praktische Erfahrung ist Gold wert, denn sie zeigt dir, was nach der Übernahme wirklich auf dich zukommt. Während dein Expertenteam Risiken identifiziert und rechtlich absichert, lernst du das Geschäftsmodell kennen, das du in wenigen Wochen eigenverantwortlich führen musst.
Risiko 2: Hype-basierte Überzahlung zerstört deine Rendite
Die Geschichte der FBA-Aggregatoren zwischen 2020 und 2022 ist eine Lehrstunde über irrationale Bewertungen. Investoren zahlten regelmäßig Multiples von über fünf Mal EBITDA (teilweise auch Deckungsbeitrag!) plus vollständigem Warenwert für Amazon-Businesses, weil der Markt heiß lief und jeder Angst hatte, die nächste große Chance zu verpassen. Diese Zeiten sind vorbei, und viele dieser Käufer sitzen heute auf massiven Verlusten oder insolventen Unternehmen.
FOMO – die Angst, etwas zu verpassen – ist einer der gefährlichsten psychologischen Faktoren beim Unternehmenskauf. Wenn du ohne tiefes Branchenverständnis in einen Trend-Markt investierst, bezahlst du nicht für substanzielle Unternehmenswerte, sondern für spekulative Zukunftshoffnungen. Die rationale Bewertung wird durch emotionale Gebote ersetzt, und plötzlich rechtfertigst du Kaufpreise, die unter normalen Umständen absurd erscheinen würden.
Die Lösung liegt in methodischer Bewertung und Branchenkenntnis. Verstehe die fundamentalen Treiber des Geschäftsmodells, analysiere vergleichbare Transaktionen aus verschiedenen Marktphasen und definiere vorab deine maximale Zahlungsbereitschaft basierend auf konservativen Annahmen. Wenn der aktuelle Marktpreis deutlich über deiner Bewertung liegt, hast du die Disziplin zu warten oder zu verzichten. Erfolgreiche Unternehmenskäufer zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie jeden Deal machen, sondern dadurch, dass sie die richtigen Deals zu fairen Preisen abschließen.
Risiko 3: Unterschätzter Kapitalbedarf nach der Übernahme als eine der großen Risiken beim Unternehmenskauf
Viele Käufer kalkulieren akribisch den Kaufpreis, erstellen detaillierte Finanzierungspläne und verhandeln jeden Euro beim Closing – nur um dann festzustellen, dass sie nach der Übernahme erhebliches zusätzliches Kapital benötigen. Der Kaufpreis ist nur der offensichtliche Teil deiner finanziellen Verpflichtung.
Das betriebsnotwendige Working Capital wird systematisch unterschätzt. Wenn du Wachstum planst, benötigst du mehr Lagerbestände, musst Lieferanten früher bezahlen und gewährst Kunden längere Zahlungsziele. Bei einem stark saisonalen Geschäft brauchst du Liquiditätsreserven für die Monate mit geringem Cashflow. Ein Puffer für drei bis sechs Monate bei potenziellem Umsatzrückgang ist keine Übervorsicht, sondern professionelles Risikomanagement.
Hinzu kommen aufgeschobene Investitionen. Viele Verkäufer reduzieren in den letzten Jahren vor dem Exit bewusst Investitionen, um die Profitabilität zu maximieren. Das bedeutet für dich: veraltete IT-Systeme, fällige Maschinenwartungen, überfällige Marketing-Investitionen oder notwendige Personalaufstockungen. Nach einem Unternehmenskauf von 2,5 Millionen Euro benötigst du realistisch weitere 500.000 Euro für den laufenden Betrieb und notwendige Investitionen im ersten Jahr. Diese Summe musst du vor dem Kauf sichern, nicht nachdem das Kapital aufgebraucht ist.
Risiko 4: Owner-Abhängigkeit als verstecktes Geschäftsrisiko
“Das Unternehmen läuft komplett automatisiert” – dieser Satz aus Verkaufsgesprächen sollte deine Alarmglocken läuten lassen. Die Realität sieht häufig anders aus: Der Inhaber arbeitet siebzig bis achtzig Stunden pro Woche, pflegt persönlich alle Beziehungen zu Schlüsselkunden, trifft sämtliche strategischen Entscheidungen und ist faktisch das Unternehmen.
Gerade bei kleineren Transaktionen im Lower Mid-Cap und Small-Cap Bereich kaufst du keine automatisierten Systeme, sondern menschenabhängige Strukturen. Die historischen Finanzzahlen zeigen dir, was der Vorbesitzer erreicht hat – nicht was du erreichen wirst. Wenn wesentliche Umsätze an persönlichen Beziehungen hängen, Mitarbeiter nur auf Anweisungen des Inhabers hören und kein dokumentiertes Prozesswissen existiert, stehst du nach der Übernahme vor einem enormen Transformationsprojekt.
Die professionelle Herangehensweise erfordert ehrliche Analyse während der Due Diligence Phase. Identifiziere alle Bereiche mit Owner-Abhängigkeit, bewerte das Risiko und plane konkrete Maßnahmen. Brauchst du zusätzliche Mitarbeiter für Aufgaben, die der Inhaber übernommen hat? Musst du Berater engagieren? Welche Einarbeitungszeit ist realistisch nötig? Diese Ressourcen müssen in deine Kalkulation einfließen, bevor du den Kaufpreis verhandelst. Manchmal bedeutet hohe Owner-Abhängigkeit auch, dass ein Deal trotz attraktiver Zahlen nicht zu deinem Profil passt.
Risiko 5: Unrealistische Planung nach dem Kauf
Sobald Käufer ein passendes Unternehmen identifiziert haben, kann es vorkommen, dass sie sich regelrecht in das Target verlieben. Das hat zur Folge, dass zukünftige Potentiale und mögliche Synergien stark gewichtet und zum Teil überbewertet werden, so dass eine Planung erarbeitet wird, die kaum erreichbar ist. Wenn diese Planung für die Finanzierung bei Banken eingereicht wird, dann wird zusätzlicher Druck aufgebaut.
Wichtig ist, dass Käufer mit einer gewissen Objektivität an den Kaufprozess gehen. Auch wenn alle Planungsmetriken und Charakteristiken passen, sollte die zukünftige Planung koservativ und realistisch aufgestellt werden. Besser: Nimm das Worst Case Szenario an und verwende dieses zur Kalkulation deines Business Cases und auch für Bankgespräche, damit zukünftig kein unnötiger Druck aufgebaut wird.
So entwickelst du eine robuste Kaufstrategie
Die Vermeidung dieser fünf Hauptrisiken erfordert systematische Vorbereitung und Disziplin. Beginne jeden Kaufprozess mit klarer Definition deiner Suchkriterien und maximalen Bewertungsgrenzen. Nutze professionelle Dealbörsen, um Marktpreise zu verstehen und verschiedene Opportunitäten zu vergleichen.
Investiere in ein qualifiziertes Beraterteam aus M&A-Anwalt, Steuerberater und gegebenenfalls Branchenexperten, aber delegiere die Due Diligence nicht komplett. Deine eigene operative Prüfung ist unverzichtbar für den späteren Erfolg. Entwickle eine realistische Finanzplanung, die nicht nur den Kaufpreis, sondern auch Working Capital, Liquiditätspuffer und notwendige Investitionen berücksichtigt.
Bleibe während des gesamten Prozesses emotional distanziert und lass dich nicht von FOMO treiben. Jeder gescheiterte Deal bringt dich näher an den richtigen Deal, während jeder überteuerte Kauf deine finanzielle Zukunft gefährdet. Die besten Unternehmenskäufer zeichnen sich durch Geduld, methodisches Vorgehen und die Fähigkeit aus, auch attraktiv erscheinende Deals abzulehnen, wenn die Risiken nicht beherrschbar sind.
Fazit: Wissen schützt vor kostspieligen Fehlern und vor Risiken beim Unternehmenskauf
Der Unternehmenskauf bietet enorme Chancen für Vermögensaufbau und unternehmerische Verwirklichung, aber nur wenn du die typischen Fallen vermeidest. Oberflächliche Due Diligence, emotionale Überzahlung, unterschätzter Kapitalbedarf und ignorierte Owner-Abhängigkeit haben schon unzählige Transaktionen zum Scheitern gebracht.
Mit der richtigen Vorbereitung, professioneller Unterstützung und dem Mut zu ehrlicher Risikoanalyse kannst du diese Fehler vermeiden. Nimm dir die Zeit für gründliche Prüfung, bleibe diszipliniert bei der Bewertung, plane ausreichend Kapital ein und bewerte Owner-Abhängigkeit realistisch. Diese fünf Grundsätze werden deine Erfolgswahrscheinlichkeit dramatisch erhöhen.
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